12.11.2025

Tagung zu Selbstorganisation

Ein Erfahrungsbericht.

Selbstorganisation

Der Weg in die Selbstorganisation ist nicht immer geradlinig und von vornherein vollkommen klar. Organisationen müssen sich «empor irren»…

Regelmässige Weiterbildung ist für uns unerlässlich. Natürlich lernen wir in jedem Mandat zusammen mit und von unseren Kundinnen und Kunden, dennoch sind explizite Weiterbildungsanlässe von grosser Bedeutung für uns. Kürzlich nahmen wir an der Tagung «Selbstorganisation im Realitätscheck» teil. Ein Erfahrungsbericht.

Selbstorganisation ist sehr aktuell

Das Thema Selbstorganisation scheint ein wenig aus dem (medialen) Blickfeld verschwunden zu sein. Das heisst aber nicht, dass es nicht mehr aktuell ist – im Gegenteil. Zu diesem Schluss kamen wir nach der Teilnahme an der ausgebuchten Tagung des Netzwerks Selbstorganisation in Zürich. Wir haben so viele interessante Menschen angetroffen, die uns von ihren vielfältigen und mehrjährigen Erfahrungen rund um Selbstorganisation berichtet haben. Unser Eindruck ist: der Hype um die Selbstorganisation hat zwar abgenommen, dafür bleiben die Menschen und Organisationen, die sich wirklich damit befassen. Das wirkt sich aus unserer Sicht sehr positiv auf die Qualität aus.

Positives Menschenbild ist alternativlos

Die Tagung startete mit einem Inputreferat von Hans A. Wüthrich, emeritierter Professor für Internationales Management und Fachbuchautor. Darin zeigte er verschiedene Spannungsfelder im Zusammenhang mit Selbstorganisation auf. Folgende Aussage fiel uns besonders auf: «Damit Selbstorganisation gelingt, ist ein positives Menschenbild alternativlos!» Uns bestätigt das sehr in unserem Wirken. Wir erleben die Auseinandersetzung damit in Management- und Führungsteams immer wieder als sehr erhellend und erkenntnisreich. Wie bewusst sind Sie sich Ihrem Menschenbild? Welche Führungsinstrumente verdeutlichen Ihr Menschenbild?

Selbstorganisation gibt es in allen Branchen

Die anschliessenden Workshops zeigten auf, wo die unterschiedlichsten Organisationen (von gemeinnützigen Non-Profit-Unternehmen aus dem Sozialbereich bis zu High-Tech-Unternehmen) in Bezug auf Selbstorganisation stehen. Sie gaben Einblicke in ihre Transformationsgeschichte, zeigten Gelingfaktoren und sprachen auch über Hindernisse, Schwierigkeiten und Blockaden.

Unsere Erkenntnisse aus der Tagung

  • Rollenkonzepte machen es sehr viel einfacher, Rollen und Aufgaben von Personen, die (z.B. aus gesundheitlichen Gründen) ausfallen, neu zu verteilen. Diese Schnelligkeit ist ein wirtschaftlicher Faktor.
  • Egal, nach welchem Grobkonzept in der Selbstorganisation gearbeitet wird (z.B. Soziokratie, Holokratie, kollegial geführtes Unternehmen, Beta Codex usw.): einige klassische Managementwerkzeuge wie Budget- und Liquiditätsprozesse oder Vergütungssysteme sind in der Selbstorganisation noch nicht gut gelöst und benötigen noch Weiterentwicklung. Darin steckt ein grosser Hebel.
  • Unsere Sozialisierungen basieren in der Mehrzahl auf klassischen Modellen. Somit sind unsere gemachten Erfahrungen Navigationswerkzeuge und bedeuten Lernbehinderung zugleich.
  • Wir sehen nicht mit unseren Augen, sondern mit unseren Erfahrungen. Das bedeutet, dass wir gewisse Dinge nicht wahrnehmen, weil sie in unserem Erfahrungsschatz nicht vorkommen. Das ist relevant, wenn es darum geht, Neues zu betrachten.
  • Die Einführung von Selbstorganisation bedeutet nicht, einen (perfekten) Plan zu haben, bei dem nichts schiefgehen kann. Eine Organisation muss sich zur Selbstorganisation «empor irren».
  • Lernen und Feedback sind unabdingbar für das Gelingen von Selbstorganisation. Auch hier steht uns die Erfahrung im Weg, bzw. die Nichtroutine darin. In vielen Organisationen werden Lernen und Feedback (auch wenn es weit verbreitet als Wert deklariert ist) wenig praktiziert.
  • Widerstände sind ausgesprochen harmlos (bzw. ausgesprochen sind Widerstände harmlos). Damit ist nicht gemeint, Widerstände zu übergehen. Doch wenn Organisationen darüber sprechen, verlieren sie ihren negativen Touch und werden zu einem konstruktiven Beitrag. Und oft zeigt sich, dass die Ursache von Widerständen aus einem Informationsdefizit besteht und nicht aus Unwillen. Auch hier ist das Menschenbild entscheidend.
  • Bei Selbstorganisation ist der Umgang mit Konflikten zentral. Aber als (westliche) Gesellschaft sind wir nicht gut darin. Das bedeutet, dass wir lernen müssen, Konflikte besser zu handhaben.

Vernetzung

Doch wie bei Tagungen generell ist einer der wichtigsten Faktoren der Austausch zwischen den offiziellen Programmpunkten. Menschen kennenzulernen, die in ähnlichen Themengebieten tätig sind, und sich mit ihnen über ihre Erfahrungen zu unterhalten und Wissen zu teilen, ist ungemein anregend und bereichernd. Herzlichen Dank an den Verein «Netzwerk Selbstorganisation» für die Organisation der Tagung!

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