Egal ob in Projekten oder im operativen Tagesgeschäft, jede Führungskraft kennt das Phänomen Widerstand. Wie eine Organisation mit dem Thema Widerstand umgeht, bestimmt die Firmenkultur. Wie ich als Führungskraft damit umgehe, bestimmt unter anderem auch das Klima im Team. In einem Kundenmandat habe ich gerade den Auftrag, den Umgang mit Widerstand zu beleuchten. Als Einblick in meine Arbeit und als Anregung im Umgang mit Widerstand widmet sicher dieser Blogbeitrag dem Thema Widerstand.
Widerstand als Zeichen richtig deuten
Widerstand in Organisationen tritt häufig überraschend auf und wird meistens als störend empfunden. Führungskräfte fühlen sich im Voranschreiten gebremst oder werten dieses Verhalten von Mitarbeitenden als nicht engagiert oder als zu wenig einsichtig ein. Doch es ist genau umgekehrt! Wer in Widerstand kommt, ist engagiert und will verstehen. Jeder Widerstand ist für eine Führungskraft eine Chance, mögliche Hindernisse, die Materie und den Mitarbeitenden noch besser zu verstehen. Daher ist gezeigter Widerstand eine Chance und nicht ein Übel, das es mit aller Macht zu bekämpfen gilt.
Aufnehmen von Widerständen: gut zuhören
Bei deklarierten Widerständen nicht in die eigenen Emotionen zu verfallen ist eine Herausforderung. Es hilft, sich als Führungskraft immer wieder zu fragen: Was will mir der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sagen? Habe ich das Anliegen wirklich verstanden oder meine ich nach den ersten Wörtern bereits zu wissen, was er oder sie mir sagen will? Empathisches Zuhören kann gelernt werden. Um den Wind aus den Segeln zu nehmen hilft die Formulierung: „Habe ich dich richtig verstanden, du willst mir sagen, dass...“.
Erkunden auf Augenhöhe
Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Widerstand kann nur dann gelingen, wenn die Führungskraft anerkennt, dass sie nicht alles Relevante und Vorgefallene wissen kann. Zudem soll sie akzeptieren, dass die Widerständigen eine andere Perspektive einnehmen und auch Recht haben können – sie sind formal und hierarchisch zwar nicht gleichgestellt, aber in Klärungssituationen gleichwertig. Das sorgsame Austragen von Meinungsverschiedenheiten ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, die positive Energie in der Organisation wiederherzustellen.
Mitwirken lassen
Wer Widerstand öffentlich zeigt, geht ein Risiko ein. Sich gegen einen Vorgesetzen zu exponieren braucht Mut und Engagement. Dieser Mut und dieses Engagement kann positiv genutzt werden, indem ich die Beteiligten einbinde und einlade, mitzutragen. Bei der Analyse von Widerstandssituationen zeigt sich, dass Widerstand fast immer dann ausbricht, wenn über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird. Die Aufgabe der Führungskraft ist daher, die richtige Form zu finden, wie eine Beteiligung stattfinden kann.
Beharrlichkeit
Auf jene einzugehen, die Widerstand leisten, heisst noch lange nicht, diesen immer Recht zu geben und den Kurs zu ändern. Die Sachlage prüfen und die menschlichen und emotionalen Bedürfnisse berücksichtigen kann auch heissen: Und ja, wir machen auch nach dieser Schlaufe genau so weiter wie es vorgesehen war. Die Prüfung hat die Entscheidung quasi nochmals bestätigt und die Führungskraft kann an ihren Überzeugungen festhalten. Alle Beteiligten, die mitgeprüft haben, hat man dadurch oft als neue Verbündete gewonnen, die nun helfen, für die Sache einzustehen.
Widerstand ist unbequem. Aber er bringt Sie und Ihre Organisation weiter. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Umgang mit Widerständen!
Wer sich mit diesem Thema auseinandersetzen will, dem empfehle ich folgendes Buch: Erik Nagel: Glücksfall Widerstand. Vom produktiven Umgang mit ganz normalen Ausnahmen. Versus 2016. ISBN 978-3-03909-173-7
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