20.05.2020

Spannungsfelder, mit denen sich Organisationen befassen müssen

Die Coronakrise macht vieles möglich und Spannungsfelder sichtbar.

Vernetzung

Informelle Netzwerke sind in einer Krise äusserst nützlich.

Corona hat uns gezeigt, dass plötzlich vieles möglich ist, was früher schwer vorstellbar oder nicht gewollt war. Homeoffice zum Beispiel. Doch was geschieht damit, wenn die akute Krisensituation vorbei ist? Ist dann alles wieder normal? Oder wird es ein neues Normal? Eine Studie von Haufe und Metaplan ist diesen Fragen nachgegangen. Daraus ergaben sich elf Thesen beziehungsweise Spannungsfelder, mit denen Organisationen in Zukunft umgehen müssen.

Digitales Arbeiten

Homeoffice beziehungsweise das arbeitsplatzungebundene Arbeiten ist an sich nichts neues. Wo es nicht schon vor Corona möglich war, hat sich in der Coronakrise gezeigt, dass digitales Arbeiten funktioniert. Zumindest technologisch hat es sich nach anfänglichen Holperern recht gut eingespielt. Doch was geschieht, wenn Homeoffice nicht mehr aus epidemiologischen Gründen notwendig ist? Ist Homeoffice so stark mit Krise verknüpft, dass niemand mehr freiwillig Homeoffice macht? Oder sind gerade durch Corona viele auf den Geschmack gekommen? Neben den technologischen Aspekten bringt digitales Arbeiten auch neue Fragen auf:

  • Welche Regeln oder Rahmenbedingungen braucht es für digitales Kollaboration?
  • Wo kann digitale Arbeit analoge Prozesse vollständig ersetzen?
  • Wo braucht es weiterhin das physische Zusammenkommen?
  • Wie gelingt eine ausreichende Steuerung des Informationsflusses?

Informalität

In der Krise wurde sichtbar, wie wertvoll informelle Netzwerke sind. Gerade wenn es nicht mehr möglich ist, kurz am Arbeitsplatz der Kollegin vorbeizuschauen, um etwas zu besprechen. Bereits bestehende und etablierte Beziehungen haben sich in der Krise verstärkt. Und waren vielfach enorm hilfreich, um rasch Informationen und Fragen unkompliziert zu klären. Der Haken: von zu Hause aus ist es sehr viel schwieriger, neue Beziehungen zu knüpfen. Wenn sich eine Organisation den Nutzen informeller Kontakte nicht entgehen lassen will, stellt sie sich diese Fragen:

  • Welche Möglichkeiten bieten wir, damit sich die Leute noch weiter vernetzen können?
  • Wie wichtig ist es, diese Vernetzung abbilden zu können (analog dem Organigramm, das die Hierarchie in einem Unternehmen abbildet)?
  • Wie schafft man auch bei digitaler Kollaboration informellen Austausch?
  • Welches Gewicht geben wir der formellen Struktur und welches der informellen?

Vom Purpose zum Zweck

Vor der Krise hatte die Suche nach Purpose Hochkonjunktur. Doch in der Krise halten alte Purpose-Erzählungen nicht stand. Sie zerfallen. «Im Moment zählt für uns nur das Überleben, für den Purpose interessiert sich gerade niemand», sagte Marcus Wassenberg, CFO Heidelberger Druckmaschinen, an einem Online-Symposium. Doch wäre nicht genau das die Aufgabe des Purpose? Dass er eine Richtung aufzeigt, wenn alles unklar ist? Auf der anderen Seite wurde durch Corona klarer denn je, was der Organisationszweck ist. Es geht um das Wesentliche: die Wertschöpfung. Alles, was nicht darauf einzahlt, wird zurückgestellt. So stellen sich diese Fragen:

  • Geht es beim Purpose nicht einfach um den Unternehmenszweck per se? Ist nicht die Wertschöpfung der Zweck?
  • Was soll sonst Sinn erzeugen, wenn nicht die Wertschöpfung selber?
  • Gibt es einen Schönwetter-Purpose und einen krisenfesten Zweck?
  • Wie steht es um die anderen Eckpunkte unserer Organisation wie Werte, Vision und Ziele? Welche Gültigkeit haben sie in einer solchen Krise? Wie stark haben wir uns auch jetzt daran gehalten? Wie gut konnten wir uns daran orientieren?

Letzte Woche diskutierten wir mit einer Führungsperson einige dieser Spannungsfelder. Was uns besonders freute war zu hören, dass sich diese Organisation Zeit nimmt, um zu reflektieren, was sich in der Organisation an Neuem gezeigt hat. Solche Krisen bringen ja auch immer Überraschungen mit sich. Und warum die Gelegenheit nicht nutzen? Wir gratulieren dieser Organisation für diesen phänomenologischen Ansatz und sind überzeugt, dass sich in der Krise Ressourcen auftun. Wer sie sieht und fördert erzeugt Entwicklung.

Hier gibt es die Zusammenfassung aller elf Thesen als pdf-Dokument aus der Studie von Haufe und Metaplan.

Autor

Beat Kunz

Beat Kunz ist Organisations- und Kommunikationsberater. Im Blog berichtet er aus seiner vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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