26.05.2021

Von der Position zur Rolle

Wie ein Team aus einem Industriebetrieb in die Selbstorganisation überging.

Selbstorganisation

Ein Team aus einem Industriebetrieb hat sich neu organisiert.

Ein grosses Team aus einem Industriebetrieb befasst sich seit einiger Zeit mit dem Thema Selbstorganisation. Ihre Absicht, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, Wissen breiter zu verankern und mehr Personen die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten zu zeigen, hat sie veranlasst, die Teamleiterfunktion abzuschaffen. In verschiedenen Workshops haben sie sich mit dieser Umstellung befasst. Wie der Wechsel von der Position zur Rolle verlief, davon handelt dieser Blogbeitrag.

Von der Arbeit in Positionen zum Arbeiten in Rollen

In Selbstorganisation findet die Arbeit nicht in Positionen, sondern in Rollen statt. In der Gruppe wurden darum alle bestehenden Aufgaben auf den Tisch gelegt, gemeinsam gesichtet und ein gemeinschaftliches Verständnis über die Aufgaben geschaffen. Dabei tauchte auch immer wieder die sehr hilfreiche Frage auf: «Wozu trägt das bei?». Bei konstruktiven Diskussionen hat die Gruppe die Aufgaben in Rollen gebündelt. In diesem Team gibt es nun zwei Grundrollen (die Grundrolle Mechaniker und die Grundrolle Elektriker) sowie verschiedene Einzel- oder Spezialrollen.

Rollen wurden gezogen

Rollen haften am Menschen und nicht wie eine Position an einem Organigramm. Darum werden Rollen von Personen mit ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten gezogen (Pull). Je nach fachlichem Hintergrund zogen in diesem Team alle entweder die Grundrolle Mechaniker oder die Grundrolle Elektriker. Die Einzel- und Spezialrollen standen zusätzlich zur Verfügung für die Personen, die noch weitere Aufgaben übernehmen wollten. Im gemeinsamen Prozess kamen – neben anderen Punkten – zwei wesentliche Fragen auf:

  • Wie geht das Team damit um, wenn viele Personen die gleiche Rolle wollen?
  • Wie geht das Team damit um, wenn eine Rolle von niemandem gezogen wird?

Bereits bei Beginn der Rollenziehung haben sehr viele Teammitglieder ihr Interesse an den Einzel- und Spezialrollen angemeldet. Die Verteilung hat sich dann sehr harmonisch ergeben und das Schlussbild ist unglaublich erfreulich. Die Rollen sind sehr breit im ganzen Team verteilt. Ganz am Anfang bei der Einführung in das Thema der Selbstorganisation hatte jemand im Team geäussert, dass sich bestimmt immer die gleichen zwei bis drei Personen melden würden. Es freut mich ausserordentlich, dass sich dieser Vorbehalt nicht bewahrheitet hat. Auch in diesem Team wurde deutlich, dass Menschen sehr wohl beitragen wollen.

Was passiert mit nicht gezogenen Rollen?

Es gab nur eine Rolle, die niemand wollte. Im gemeinsamen Gespräch diskutierten wir, welchen Beitrag diese Aufgaben leisten. Braucht es die Rolle mit diesen Aufgaben wirklich? Das Team fand ja. Wir diskutierten die möglichen Lernpunkte bei der Ausführung dieser Rolle. Eine Person, die mit diesem Rolleninhaber zusammenarbeiten wird, schilderte, wie sie sich die Zusammenarbeit vorstellt. Welche Themen diese Person gerne mit dem Rolleninhaber angehen möchte, welchen Nutzen sie aus dieser Arbeit sieht usw. Daraufhin meldeten sich drei Personen für diese Rolle. Bereits zeigte sich ein Merkmal von Selbstorganisation. Man ist bereit, mehr miteinander und füreinander zu arbeiten, so dass das Team Erfolg hat.

Die Arbeit zu mehr Selbstorganisation ist ein Prozess mit viel Reflexion und überdenken der eigenen mentalen Modelle. Herzlichen Dank an dieses Team für das gemeinsame Wirken. Das fast fertige Rollenkonzept erfüllt mich mit grosser Freude!

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Kommentare (2)

  • Ralf Balgar am
    Ich sehe das genauso, daher bin ich daran den Unternehmen in der Bauindustrie die firmenübergreifende Zusammenarbeit in Netzwerken zu ermöglichen. Dabei Fokussieren wir auf wertschöpfende Tätigkeiten und Arbeiten einmal richtig zu machen und Mehrfach zu nutzen. Diese Arbeit wird von den selbständig agierenden Mitarbeitern erledigt welche hierzu befähigt werden und welche in Teams organisiert sind. Diese Teams sind firmenübergreifend aufgesetzt. Ich habe festgestellt dass die Menschen Anfangen firmenübergreifen miteinander zusammenzuarbeiten und einander zu helfen wenn dies ermöglicht wird. Hierzu muss das Beschaffungswesen geändert werden, so dass die Gewinne gesichert sind und nicht mehr über optimierungen im eigenen Silo gesichert werden müssen. Die Rahmenbedingungen müssen verändert werden, damit die Zusammenarbeit möglich wird. Herzlichen Dank für Eure Arbeit, es braucht Leute wie Euch, dass das Umdenken erfolgt.
    • Luzia Anliker am
      Ganz herzlichen Dank @Ralf Balgar. Wir freuen uns sehr über das Feedback und dass noch weitere Menschen auf dem gleichen Weg sind! Herzlich, Luzia Anliker