Die Methode «Stille Priorisierung» bringt in kürzester Zeit eine Reihenfolge zustande – ganz ohne Argumentieren.
Kürzlich haben wir mit einem Management Team zusammengearbeitet, das erst seit wenigen Monaten in dieser Konstellation besteht. Es befindet sich noch in der Findungsphase, in der die verschiedenen Teammitglieder ihren Platz finden müssen. Dabei geht es auch darum, die eigenen Interessen einzubringen, zu platzieren und zu verteidigen.
In einer zweitägigen Retraite ging es darum, sich besser kennenzulernen, ein gemeinsames Verständnis über die Zusammenarbeit im Team zu erreichen sowie die anstehenden Aufgaben gemeinschaftlich zu priorisieren. Während dem Workshop bearbeiteten wir verschiedene Themen. Gegen Ende ging es darum, konkrete Aufgaben festzulegen und diese in eine Reihenfolge der Dringlichkeit zu bringen. Oftmals diskutiert (oder streitet) ein Team mit Argumenten dafür und dagegen darüber, welche Aufgabe eine höhere oder tiefere Priorität hat als eine andere. Dies gestaltet sich oft eher in einem zähen und landfädigen Ringen und erstickt die entstandene Zugewandtheit gleich wieder.
Darum wählen wir in solchen Momenten gerne eine andere Methode. Nämlich: «Stille Priorisierung». Wir liessen Zweiergruppen auf grosse Moderationskarten zwei bis drei Aufgaben schreiben, die es aus ihrer Sicht in der nächsten, sechsmonatigen Iteration anzupacken galt. Jede Karte durfte nur eine Aufgabe enthalten. So kamen elf Karten zusammen. Jede Zweiergruppe stellte ihre Karten vor, die anderen konnten dazu Verständnisfragen stellen.
Nachdem alle Aufgaben vorgestellt waren und keine Verständnisfragen mehr bestanden, legten wir die Karten auf dem Boden in einer zufälligen Reihenfolge aus. An einem Ende der Reihe setzten wir eine zusätzliche Karte «höhere Priorität» dazu, am anderen Ende eine Karte «niedrigere Priorität» und erklärten die Regeln für die nun beginnende stille Priorisierung:
Die stille Priorisierung begann und die Teammitglieder verschoben fleissig die Karten, um die Reihenfolge in möglichst ihrem Sinn zu beeinflussen. Nach wenigen Minuten nahmen die Verschiebungen ab. Nach zehn Minuten stand die Reihenfolge fest. Und das alles in gänzlicher Stille. Auch dieses Team war am Ende überrascht und sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Reihenfolge bedeutet, dass wir mit den Aufgaben beginnen, die beim Ende «höhere Priorität» liegen. Das heisst jedoch nicht, dass die anderen Aufgaben unwichtig sind. Sie haben einfach eine tiefere Priorität.
Die «Stille Priorisierung» hat den Vorteil, dass es keine rhetorischen Fähigkeiten braucht, um seine Interessen darzulegen. Somit haben auch «introvertierte» oder weniger schlagfertige Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich einzubringen, ohne sich verbal exponieren zu müssen. Ebenfalls sind alle Themen am Boden immer ersichtlich und die Priorisierung passiert mit dem Blick was hängt wie zusammen. Wir sind selber immer wieder erstaunt, wie rasch der Abgleich funktioniert.
Eine Anmerkung, falls Sie diese Methode einmal ausprobieren möchten: Falls es Karten gibt, die immer wieder vor- und zurückverschoben werden, nehmen wir die raus und öffnen am Schluss noch ein Gespräch dazu: «Diese Karte wurde viel bewegt. Das heisst, es gibt noch wenig Klarheit darüber, wo sie einzuordnen ist. Lasst uns das klären.»
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!