Organisationen sind in der Regel arbeitsteilig organisiert. Das führt dazu, dass die verschiedenen Organisationseinheiten («Ab-Teilungen») andere Schwerpunkte setzen. Vor einiger Zeit hat mich ein Kunde kontaktiert, bei dem zwei Abteilungen die Zusammenarbeit als harzig empfunden haben. Beide Abteilungen arbeiten mit Jugendlichen. Eine Abteilung hat die Aufgabe, junge Menschen in der Arbeitswelt (Produktion, Holz- und Metallwerkstatt, Malerei) zu begleiten/trainieren. Die andere Abteilung unterstützt die Personen im selbständigen Wohnen.
Die übergeordnete Absicht lautet «Jugendlichen ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen». Beide Abteilungen arbeiten vollständig in dieser Absicht und möchten nur das Beste für die Jugendlichen – in der Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Abteilungen existierten aber viele Vorurteile und gegenseitiges Unverständnis. In einem gemeinsamen Workshop beleuchten wir die Zusammenarbeit anhand des Paradoxons «Trainieren des Einpassens in Strukturen und Vorgaben» versus «Autonomie und selbständige Wohngestaltung».
Konkret zeigt sich der Unterschied an folgender Situation: die Jugendlichen im Wohnbereich müssen rechtzeitig aufstehen, um pünktlich mit der Arbeit zu beginnen. Die Betreuer:innen stellen zwar fest, wenn Jugendliche verschlafen oder zu spät aufstehen, unternehmen diesbezüglich jedoch nichts (die Betreuer:innen wecken die Jugendlichen nicht). Bei der Arbeit stösst dieses Vorgehen auf Unverständnis, denn dort ist der pünktliche Arbeitsbeginn sehr wichtig.
Nach einem Input zu Paradoxien wurde den Teilnehmer:innen klar, warum die Zusammenarbeit so war, wie sie war. Sie trainierten nämlich genau das Gegenteil der jeweils anderen Abteilung. Dieser Gegenpol (eben eine Paradoxie) ist nicht aufhebbar. Eine Person äusserte sich so: «Jetzt verstehe ich, warum ihr die Jugendlichen am Morgen nicht weckt, weil ihr so das selbständige Aufstehen trainiert. Weil der Jugendliche dann bei uns zu spät kommt, wurde ich sauer auf euch. Mein Vorurteil war, ihr macht euren Job nicht.»
Eine Paradoxie zu erkennen und zu benennen, hilft für das gegenseitige Verständnis. Ebenso ist es sehr hilfreich, durch gute Kommunikation wie Dialog, Absprachen und Informationen den Umgang mit diesem Spannungsverhältnis immer wieder zu «entspannen».
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