20.10.2021

Auf ins Ungewisse – bei einem feinen Essen

Sich auf einen Abend einlassen, von dem wenig bekannt ist.

Cicchetti

Cicchetti - die venezianischen Apérohäppchen.

Ein (fremdländisches) Abendessen an einem fremden Ort, mit unbekannten Menschen, in einer privaten Wohnung? Klingt abenteuerlicher als es ist. Es braucht vielleicht ein kleines bisschen Mut, vor allem aber eine grosse Portion Offenheit. Um was geht es?

Eatwith – eine Organisation rund ums Essen

«Eatwith» ist die weltweit grösste Gemeinschaft für authentische Ess-Erlebnisse mit Einheimischen in mehr als 130 Ländern. Die Plattform verbindet private Gastgeber (Hosts) mit privaten Essensteilnehmern. Man wählt eine Stadt aus und erhält verschiedene Hosts als Vorschlag. Die potentiellen Gastgeber stellen sich auf der Webseite kurz vor. Ausserdem ist das Menü und der Preis ersichtlich. Was nicht zu sehen ist: wer sonst noch mit am Tisch sitzen wird. Die Gastgeber und -geberinnen kochen bei sich zu Hause ein Mahl und bieten eine gewisse Anzahl an Plätze zur Verfügung (gegen Bezahlung). Im Vordergrund steht die gemeinsame Leidenschaft am guten Essen und der Austausch und weniger der finanzielle Ertrag.

Einblick in andere Lebensräume

Ich habe bereits mehrere Gelegenheiten genutzt und unglaublich bereichernde Abende erlebt. Es ist eine tolle Möglichkeit, mehr über die Art, wie jemand in einem anderen Land lebt, zu erfahren. Man erhält einen Einblick in die Lebensrealität der Menschen, der so als Tourist in Hotels und Restaurants nicht möglich wäre. Von London zum Bespiel habe ich in lebhafter Erinnerung, wie auf engsten Raum ein 5 Gänge Menü kredenzt werden kann. In Venedig hat ein Künstler und Dozent an der Kunstakademie für uns ein mehrgängiges Abendessen gekocht. Und mit uns über seine Kunst, seine Erfahrungen und Erlebnisse gesprochen. Wo ist sowas sonst möglich?

Wahrnehmen und sich selber dabei besser verstehen

Nun könnte man das alles als private Reiseerfahrung abbuchen. Wir können jedoch auch reflektieren, was das mit mir als arbeitender Mensch zu tun hat. Es fängt bereits bei der Buchung an: Wie offen bin ich für Gerichte, die ich nicht kenne? Wie leicht fällt es mir, mich auf einen Abend einzulassen, bei dem ich niemanden kenne? Wie gehe ich damit um, wenn ich Einblick in mir fremde Rituale erhalte? Welches Geschenk für die Gastgeberin ist angebracht? Wie gut traue ich es mir zu, einen Abend lang in einer fremden Sprache zu sprechen?

Der ganze Abend ist eine wunderbare Gelegenheit, die eigene Wahrnehmung zu üben, sich auf Unbekanntes einzulassen, Missverständnisse aufzudecken, vielleicht sogar Vorurteile abzubauen und Neues zu entdecken. Ich mache im Ausland beispielsweise immer wieder die Erfahrung, dass dort (im Gegensatz zur Schweiz) kaum über die Arbeit gesprochen wird. In der Schweiz ist ja jeweils die zweite Frage: Und was machst du so beruflich? Versuchen Sie mal in der Schweiz Smalltalk, ohne nach der beruflichen Tätigkeit zu fragen.

Wir können diese Plattform und die Erfahrung nur empfehlen. Lassen Sie sich überraschen! Vielleicht sitzen Sie demnächst an einem fremden Ort bei einer unbekannten Person zu Hause an einem Tisch mit Menschen, die Sie vorher noch nie gesehen haben und geniessen ein leckeres Essen!

Autorin

Luzia Anliker

Luzia Anliker ist Beraterin und Coach. Im Blog berichtet sie aus ihrer langjährigen und vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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