17.03.2021

Ja, und statt Ja, aber

Was «Ja, aber» auslöst. Und was «Ja, und» aufzeigt.

Hindernis

Jedes «Ja, aber…» ist ein Hindernis.

Kürzlich haben wir einen Transformations-Workshop moderiert. Die Organisation will vieles anders machen als bisher und dabei alte Muster über Bord werfen und neue einführen. In der gemeinsamen Workshoparbeit zeigte sich ein Kommunikationsmuster deutlich. Bei ganz vielen Vorschlägen und Ideen begannen die Reaktionen mit «Ja, aber…». Was genau bewirkt dieser Satzanfang?

«Ja, und…» erweitert, «Ja, aber…» engt ein

Das Wort «Aber» wirkt ablehnend, verneinend, verhindernd und wandelt das Wort «Ja» um in ein «Nein». Es verdeutlicht, dass wir bei jeder Idee sofort die Hindernisse sehen, ohne die Möglichkeiten des Neuen zuzulassen. Das schliesst ganz schnell den Dialograum und die Inspiration. Häufig liegt der Ablehnung einer neuen Idee auch die Rechtfertigung für unsere bisherigen Handlungen zugrunde. Natürlich dürfen und sollen Einwände und Bedenken angesprochen sein. Mit einem «Ja, und...» statt einem «Ja, aber…» ist es einfacher, den Gedanken zuerst weiter zu spinnen und erst dann zu versuchen, das Problem zu lösen. Dafür sind Sätze, die mit «Ja, und…» geeigneter, weil sie ergänzen und zu Erweiterungen einladen.

Unterschied zwischen «Ja, aber» und «Ja, und» erleben

Bei unseren Workshops setzen wir deshalb gerne folgende Übung ein. Die Anwesenden finden sich zu Zweierteams zusammen. Jedes Zweierteam stellt sich vor, dass sie zusammen in die Ferien fahren würden. Sie haben sich auf Italien als Ferienland geeinigt. Jetzt sprechen sie abwechslungsweise über die bevorstehenden Ferien. Dabei muss jeder Satz mit «Ja, aber…» beginnen: «Ja, aber ich kann kein Italienisch.», «Ja, aber dort ist es häufig sehr heiss.», «Ja, aber dort gibt es immer Meeresfrüchte.», «Ja, aber dort ist die Mobilfunkabdeckung immer so schlecht.». Die Lust auf Ferien in Italien vergeht ziemlich rasch. Anschliessend sprechen die gleichen Paare noch einmal über Ferien in Italien, beginnen jedoch jeden Satz mit «Ja, und…»: «Ja, und dann können wir im Meer baden.», «Ja, und es gibt so gutes italienisches Essen.», «Ja, und am Abend ist es lange herrlich warm.» Jetzt sehen die Partner viel mehr die Möglichkeiten, die diese Ferien in Italien bieten. Diese Übung verändert nicht nur die eigene Haltung, sondern wirkt auch nach aussen wesentlich konstruktiver, weil sie erforschend/nachfragend ist («Ja, und wie gehen wir mit der schlechten Mobilfunkabdeckung um?»).

Tief eingebrannte Routinen

Weil uns in diesem Workshop trotz der «Italien-Übung» die vielen «Ja, aber…» aufgefallen sind, haben wir das angesprochen. Die Leute begannen, sich darauf zu achten und sind selber erschrocken. Sie haben verstanden, was sie damit auslösen. Sie nahmen sich vor, die «Abers» zu vermeiden. Das gelang nicht immer. Doch der (häufig neckische) Hinweis der anderen, dass jemand soeben «…aber…» verwendete, half, sich noch stärker bewusst zu werden, wie tief eingebrannt unser Aber-Reflex ist. Wir wünschen dieser Organisation viel Erfolg beim Erkunden und Ausprobieren von neuen Mustern und sind gespannt, wie sich die «Ja, abers» abbauen und die «Ja, unds» zunehmen.

Autor

Beat Kunz

Beat Kunz ist Organisations- und Kommunikationsberater. Im Blog berichtet er aus seiner vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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