03.07.2019

Wenn aus kompliziert komplex wird

Für komplexe Situationen reichen «komplizierte» Methoden nicht.

Fussball ist komplex

Ein Fussballspiel ist komplex. Ein genauer Plan ist nutzlos, um das Spiel zu gewinnen.

Stellen Sie sich ein Fussballspiel «nach Plan» vor. Nach einem möglichst exakten Plan. Nachdem der Trainer das gegnerische Team vorgängig analysiert hat, schreibt er ganz genau auf, wie seine Mannschaft zu spielen hat. Jede Spielbewegung ist ein Prozess:

  1. Ball mit dem rechten Fuss annehmen.
  2. Zwei Schritte nach vorne machen.
  3. Ein Schritt nach links.
  4. Ball mit dem rechten Fuss mitnehmen.
  5. Ball im Winkel von 38° an die Koordinate X/Y abgeben. (//Schnittstelle zu Spieler B)

Das würde für ein Spiel von 90 Minuten nicht funktionieren. Denn ein Fussballspiel ist komplex. Komplex bedeutet zum Beispiel: niemand kann voraussagen, wo sich der Ball befindet, nachdem ihn drei Spieler weitergespielt haben. Darum entwirft der Trainer keinen exakten Plan, an den sich die Spieler halten. Vielmehr macht er seine Spieler fit, damit sie in den jeweiligen Spielsituationen richtig (geschickt, vorteilhaft) handeln können. Die Spieler entscheiden und handeln im Spiel selber. Und tragen auch die Verantwortung dafür.

Die Wirtschaftswelt wird zunehmend komplex

Wenn wir annehmen, dass auch die Arbeits- und Wirtschaftswelt zunehmend komplex ist, leuchtet es ein, dass auch hier ein exakter Plan nicht funktioniert. Auch hier geht es darum, die Mitarbeitenden fit zu machen, damit sie in den jeweiligen Arbeitssituationen richtig handeln können. Die Mitarbeitenden und Teams entscheiden und handeln selber und tragen die Verantwortung dafür. Ein Plan und genaue Anweisungen können nicht helfen.

Das war nicht immer so. Vor gut 100 Jahren war die Wirtschaftswelt weit weniger komplex. Dank der Industrialisierung war es möglich, grosse und träge Märkte zu bedienen. Die Produktion und der Absatz waren sogar recht genau planbar. In dieser Phase entstand Management/Hierarchie als Organisationsform, wie wir sie auch heute noch in den meisten Unternehmen vorfinden.

Bei Komplexität hilft kein Plan

Seit den 1970er Jahren nimmt die Komplexität jedoch zu, Globalisierung und Digitalisierung führten zu hohem Wettbewerb. Je grösser die Komplexität ist, desto weniger ist ein genauer Plan das richtige Mittel, um ein Unternehmen zukunftsfähig zu halten. Komplexität kann man nur mit menschlichem Können begegnen. Es braucht die Kreativität des Menschen, um Probleme, die sich aus Komplexität ergeben, zu lösen. Bei grosser Komplexität wäre es ein Jammer beziehungsweise Verschwendung, das grosse kreative Potential in der Organisation nicht zu nutzen. Exakte Regeln, Silodenken und Prozesse schränken die Kreativität jedoch stark ein. Es funktioniert auch nicht, die Menschen im vorhandenen System zu entwickeln. Es ist viel effektiver, am System zu arbeiten. Zusammen mit den Menschen aus der Organisation. Lassen Sie uns miteinander darüber reden.

Autor

Beat Kunz

Beat Kunz ist Organisations- und Kommunikationsberater. Im Blog berichtet er aus seiner vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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