Im Alltag sprechen wir oft von Vertrauen und Zutrauen, ohne gross darüber nachzudenken. Beide Begriffe werden häufig synonym verwendet, doch sie haben feine, aber wichtige Unterschiede. Diesen Unterschieden geht dieser Blogbeitrag nach.
Vertrauen ist tief verankert und entsteht durch Erfahrung und Beständigkeit. Es beschreibt eine emotionale Sicherheit, die wir in eine Person, ein System oder eine Situation haben. Vertrauen bedeutet, dass wir uns auf jemanden oder etwas verlassen können, oft auch in schwierigen Zeiten. Es basiert auf der Überzeugung, dass mir das Gegenüber keinen Schaden zufügt, obwohl es könnte. Oder gemäss der Definition von Antoinette Weibel, einer international renommierten Vertrauens- und Motivationsforscherin: «Vertrauen ist der Wille, sich verletzlich zu machen, weil man in Bezug auf den Anderen (oder dem Arbeitgeber) von einem guten Ende ausgeht». Vertrauen entwickelt sich über Zeit und ist das Ergebnis von wiederholten, positiven Erfahrungen.
Zutrauen hingegen bezieht sich eher auf die Erwartung oder den Glauben, dass jemand in der Lage ist, eine bestimmte Aufgabe oder Herausforderung zu meistern – auch wenn dies noch nicht bewiesen ist. Man traut dieser Person also etwas zu. Im Gegensatz zum Vertrauen ist Zutrauen oft auch situationsbezogen. Es beschreibt den Glauben an das Potenzial einer Person oder Sache, ohne dass dies zwingend auf langen Erfahrungen basiert.
Vertrauen ist ein Zwei-Weg-System. Damit ist gemeint, dass Vertrauen von beiden Seiten abhängig und ein wechselseitiger «Vorgang» ist. Ich alleine kann Vertrauen nicht erzeugen. Es braucht dafür ein Gegenüber, das zum Vertrauen beiträgt. Zutrauen hingegen ist ein einseitiger Prozess. Es genügt, wenn ich dem Gegenüber Zutrauen entgegenbringe. Das Gegenüber muss nichts dazu beitragen (wenn mein Zutrauen dann bestätigt wird, ist das ein Beitrag, der zu Vertrauen führen kann).
Beim Vertrauen gibt es noch eine weitere Unterscheidung.
Diese Unterscheidung wird wichtig, wenn es darum geht, «Vertrauen aufzubauen»: Vertrauen aufbauen bei mir oder beim Gegenüber? Was brauche ich, damit ich Vertrauen in andere haben kann? Was braucht das Gegenüber, damit es Vertrauen in mich haben kann?
Vertrauen weist noch eine Besonderheit auf. Wenn ich vertraue, kann ich «gewinnen» oder «verlieren» (also nicht nur das Vertrauen an sich, sondern auch in der Situation). Ob ich gewinne oder verliere hängt nicht von mir ab, sondern vom Verhalten des Gegenübers. Und: der mögliche Verlust ist grösser als der mögliche Gewinn. Was ist damit gemeint? Beim Bungee Jumping braucht es viel Vertrauen in den Anbieter und das Material. Der «Gewinn» aus diesem Vertrauen ist ein Gefühl der Schwerelosigkeit beim Springen. Der «Verlust», wenn das Vertrauen enttäuscht würde, wäre katastrophal.
Während Vertrauen uns ein Gefühl der Sicherheit gibt, ist Zutrauen eine Hoffnung oder Einschätzung für eine bestimmte Handlung oder Fähigkeit. Beide Konzepte spielen in zwischenmenschlichen Beziehungen eine wichtige Rolle, doch sie greifen in unterschiedlichen Kontexten.
Wie entsteht bei Ihnen Vertrauen? Was machen Sie mit der Absicht, damit Ihr Verhalten bei anderen Vertrauen erzeugen könnte? Wo haben Sie Zutrauen? Wo erleben Sie in Ihrer Organisation Zutrauen und wo Vertrauen? Wie fördern Sie Zutrauen strukturell in der Organisation?
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