Die Wirtschaftswelt wird zunehmend komplex. Bei Komplexität sind Vorhersagen unmöglich. Pläne, Strategien und (Command&Control) Management beruhen jedoch auf Vorhersagen. Sie sind nicht geeignet, um in einem komplexen Umfeld zu bestehen.
Einen Ansatz, um als Organisation in einem komplexen Umfeld zukunftsfähig zu bleiben, hat Peter M. Senge, ein US-amerikanischer Forscher im Bereich der Organisationsentwicklung, mit dem Konzept der «Lernenden Organisation» entwickelt. Senge vertritt den Standpunkt, dass fünf Fertigkeiten (Disziplinen) beherrscht sein müssen, um lernende Organisationen zu entwickeln:
Eine Lernende Organisation unterscheidet sich grundlegend von einer herkömmlichen Organisation, indem sie hohe Könnerschaft in diesen fünf Disziplinen erreicht hat. Wie bei jeder Disziplin (Fussball, Bogenschiessen, Klavierspielen, Elektrotechnik…) kann jeder Mensch durch Übung zum Meister werden. Und wie bei jeder Disziplin braucht es kontinuierliches Üben, um ein einmal erlangtes Niveau zu halten.
Die Disziplin Systemdenken ist aus zweierlei Gründen wichtig: Sie ist die integrative Disziplin, die alle Disziplinen miteinander verknüpft und so verhindert, dass die einzelnen Disziplinen zu isolierten Spielereien verkommen. Zudem ist Systemisches Denken eine fachübergreifende Art zu denken und unterscheidet sich deutlich von den fachspezifischen Denkarten, die im Alltag weit verbreitet sind. Es schützt davor, sich in Details zu verlieren oder sich an ihnen festzubeissen. Systemisches Denken ist weitgehend konträr zum linearen Denken (wenn – dann). Im systemischen Denken konzentriert sich die Aufmerksamkeit weniger auf die Einzelteile eines Systems (so wie es beim analytischen, linearen Denken der Fall ist), sondern vielmehr auf die Gesamtzusammenhänge. Die Disziplin des Systemdenkens zielt darauf ab, dass man «Ganzheiten» erkennt.
Denn die Welt besteht aus Wechselwirkungen: Es regnet, weil die Luft Feuchtigkeit aus dem Boden und aus Gewässern aufnehmen kann. Und es gibt Feuchtigkeit im Boden und in Gewässern, weil es regnet. Das gilt auch für Organisationen: Übernehmen die MitarbeiterInnen keine Verantwortung, weil die Organisation diese Verhältnisse schuf? Oder schuf die Organisation solche Verhältnisse, weil die MitarbeiterInnen keine Verantwortung übernehmen?
Die alten linearen Erklärungen der Welt waren zwar einfacher, aber der Realität der Welt nicht angemessen. Das Systemdenken hilft uns, übergreifende Muster klarer zu erkennen und besser zu begreifen, wie wir diese Muster erfolgreich verändern können, bzw. wie wir mit diesen Mustern umgehen können.
Wir neigen dazu, Problemen auf den Grund zu gehen. Entweder vorher (also bei der Entwicklung) oder nachher (wenn sie aufgetreten sind). Wir analysieren uns zu Tode. Und verzweifeln, weil mehr Daten (Informationen) nicht per se bessere Resultate/Entscheidungsgrundlagen bringen. Wir brauchen in den meisten Fällen nicht mehr und genauere Daten, wir brauchen eine gute Auswahl. Weiter hilft es häufig, eine Situation aus mehr Distanz zu betrachten. Wenn der Abstand grösser ist, ist es einfacher, Muster zu erkennen. Als Beispiel dienen die «Nazca-Linien» in Peru, die man nur aus einem Flugzeug als Figuren sieht. In unmittelbarer Nähe ist das Muster nicht zu erkennen.
Beim Wetter sehen wir die verschiedenen Elemente: Wolken, Wind, Sonne… Wir kennen die verschiedenen Bedeutungen, Zusammenwirkungen und Auswirkungen recht gut. Und doch beachten wir lediglich den regionalen, uns betreffenden Teil. Die grösseren Zusammenhänge verstehen wir nur rudimentär oder gar nicht. Wetter ist etwas Komplexes. Beim Wetter ist es im jeweiligen Moment meistens auch nicht so wichtig, die grossen Zusammenhänge zu verstehen. Wichtig ist lediglich, den Regenschirm dabeizuhaben, wenn Regenwolken aufziehen (wieso und woher die Regenwolken kommen, ist nur von untergeordnetem Belang). Im Fall einer Organisation genügt das jedoch nicht. Hier ist es schon ratsam zu verstehen, was die Kunden veranlasst, bei einem anderen Anbieter einzukaufen.
Das Wesentliche an der Disziplin des Systemdenkens ist ein grundsätzliches Umdenken:
Doch um die Sprache des Systemdenkens wirklich zu beherrschen, muss man auch die übrigen Disziplinen meistern. Jede liefert wichtige Prinzipien und Instrumente, die es erleichtern, den Übergang von einer linearen Sichtweise zu einem systemischen Denken und Handeln zu vollziehen.
Literatur: Peter M. Senge. Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart.
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