14.03.2024

Sie dürfen, aber wollen nicht…

Damit die Mitwirkung der Mitarbeiter:innen tatsächlich möglich wird, braucht es mehr als eine Einladung.

Einladung

Die Einladung zur Mitwirkung allein reicht nicht. Es braucht auch Arbeit am System, damit Partizipation Realität wird.

In einem traditionsreichen Unternehmen mit mehreren hundert Mitarbeiter:innen gab es vor ein paar Monaten einen Wechsel an der Unternehmensspitze. Für den neuen Geschäftsführer ist klar, dass es (auch) andere als die bisherigen, sehr klassischen (Management)Ansätze braucht, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.

Die Mitarbeiter:innen sollen mehr partizipieren können

Es ist ihm ein grosses Anliegen, dass die Mitarbeiter:innen mehr Partizipationsmöglichkeiten als bisher haben. Wenn sich die Mitarbeiter:innen stärker einbringen können und ihre Sicht wichtig ist und zählt, erhöht das den Grad der Mitwirkung und somit die Selbstverwirklichung/Selbstwirksamkeit. Das entspricht auch der aktuellen Forderung nach einer besseren Arbeitskultur.

Pull ist erwünscht

Er hat also allen Mitarbeiter:innen mitgeteilt, dass ab jetzt die Möglichkeit besteht, sich stärker einzubringen. Vorschläge und Eigeninitiative nach dem Pull-Prinzip sind ausdrücklich erwünscht, die Einhaltung des (hinderlichen und oft sehr bürokratischen) Dienstwegs ist nicht in jedem Fall gehorsamst einzuhalten. Ein Befreiungsschlag also, der dem von den Mitarbeiter:innen vielfach geäussertem Wunsch nach mehr Mitwirkung doch entspricht, oder?

Grosse Enttäuschung

Geschehen ist dann … praktisch nichts. Die Mitarbeiter:innen haben die vom CEO angebotenen Möglichkeiten kaum in Anspruch genommen. Es gab kein Pull, wenig Übernahme von Verantwortung, wenig aktives Mitdenken. Die Enttäuschung und das Unverständnis beim Geschäftsführer waren entsprechend gross. Was hat dazu geführt?

Es liegt nicht «am Mindset»

Menschen verhalten sich den Umständen entsprechend. Die Verhältnisse bestimmen das Verhalten. In dieser Organisation war alles auf die Hierarchie ausgerichtet. Nicht, weil die Mitarbeiter:innen «das Mindset» hätten, es müsse alles oben entschieden werden. Sonden weil alle Prozesse, Weisungen, Regeln etc. so eingerichtet sind, dass den Mitarbeiter:innen kaum eine Möglichkeit für die Mitwirkung bleibt. Die Einladung des CEO an die Mitarbeiter:innen, sich stärker einzubringen, lief somit ins Leere.

Es braucht Arbeit AM System

Damit die eröffneten Möglichkeiten Wirklichkeit werden können, braucht es zuerst Arbeit AM System. Nur die Möglichkeit auszusprechen reicht nicht. Es braucht auch geschaffene Tatsachen. Damit ist nicht gemeint, einen mutigen Mitarbeiter, der die eröffnete Möglichkeit einmal in Anspruch nimmt und damit gegen die bestehende Ordnung «verstösst», nicht abzustrafen. Sondern das Schaffen von Verhältnissen, die die Mitwirkung der Mitarbeiter:innen fördern oder erfordern. Das ist für viele Organisationen nicht einfach und zum Teil kaum vorstellbar. Hier «das Mindset» zu ändern wäre eine wirkungsvolle Intervention.

Der Geschäftsführer hat das erkannt und ist daran, mit der Geschäftsleitung das gemeinsame Verständnis für die Arbeit am System zu erhöhen. Wir gratulieren ihm zu seinem Vorhaben und wünschen ihm und dem gesamten Unternehmen gutes Gelingen.

Autor

Beat Kunz

Beat Kunz ist Organisations- und Kommunikationsberater. Im Blog berichtet er aus seiner vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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