11.09.2019

Nur zwei Buchstaben, die aber einen grossen Unterschied im Change ausmachen

Den Unterschied zwischen «Arbeit am System» und «Arbeit im System» mit zwei Beispielen erklärt.

Im-Am System

Im oder am System zu arbeiten, macht einen grossen Unterschied.

Veränderungsprozesse zu begleiten ist uns eine grosse Freude. Entwicklungs- und Lernprozesse zu gestalten unsere Leidenschaft. Um die genauen Anliegen der Kunden und was sie bezwecken wollen, gut zu verstehen, führen wir am Anfang Gespräche mit ihnen. In diesen erklären wir unter anderem, wie wir arbeiten und thematisieren einige Grundlagen. Zwei Begriffe, die dabei oft fallen, ist «Die Arbeit am System» und «Die Arbeit im System». Da diese zwei Begriffe gerade in den Transformationsprozessen rund um die Arbeitswelt 4.0 enorm wichtig sind, widmen wir den Blogbeitrag diesem Thema.

Am System/Im System

Organisationen sind Systeme. Wenn ich an einem Punkt etwas verändere, so entsteht Bewegung in weiteren Teilen, bis sich das ganze Gefüge wieder ausbalanciert. Wenn es nun darum geht, Veränderungen herbeizuführen, gilt es an diesem Systemkonstrukt zu arbeiten. Das meint man mit «am System arbeiten». Damit können Veränderungen herbeigeführt werden in Strukturen, Abläufen oder Prozessen. Der Begriff «im System arbeiten» meint hingegen, am Produkt selber zu arbeiten. Das kann zum Beispiel das Verändern eines Stuhldesigns sein in einer Möbelfabrik oder Menschen besser an das (bestehende/unveränderte) System der Organisation anzupassen.

Edwards W. Deming, ein amerikanischer Pionier im Bereich des Qualitätsmanagements, sagte, dass 95% der Probleme in einer Organisation Systemthemen sind und nur 5% durch die Menschen verursacht wurden («95% of variation in the performance of a system is caused by the system itself; only 5% is caused by the people.»). John Kotter, ein Pionier in der Changebegleitung, schreibt, ein Changeprozess heisse, 95% am System zu arbeiten und 5% im System. Um die Begriffe genauer zu verstehen und die Wichtigkeit der Unterscheidung zu verdeutlichen, nehmen wir hier zwei Praxisbeispiele auf, die wir jeweils in einem Blog bereits beschrieben haben.

Erstes Beispiel: Die Zusammenarbeit über Abteilungen hinweg verbessern

Die Zusammenarbeit zu verbessern ist ein häufiges Anliegen – insbesondere, wenn verschiedene Abteilungen zusammen an der Wertschöpfung beteiligt sind. Im System arbeiten würde bei diesem Praxisbeispiel heissen, wir arbeiten mit den einzelnen Menschen. Gemeint ist, wir bieten ein Training oder einen Workshop an, bei dem gewisse Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (zum Beispiel die Kommunikationsfähigkeiten) gestärkt würde. Am System arbeiten heisst, wir laden die Beteiligten ein und suchen zusammen nach Möglichkeiten, wie die Zusammenarbeit durch Änderungen in der Organisationsstruktur oder im Ablauf verbessert werden kann. Die Methode, die wir eingesetzt haben, hat auf die Arbeit am System abgezielt. Es ging nicht darum, die Mitarbeitenden «besser» zu machen.

Zweites Beispiel: Die Zukunftsfähigkeit eines Teams herstellen

Eine neue Führungskraft macht sich Gedanken anhand einer Übersichtsskizze zu ihrem Team und kommt zum Schluss: Da soll sich einiges verändern. Nun könnte man zur Interpretation kommen: na ja, das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist recht unmodern und da braucht es mal ernste Einzelgespräche und klare Worte über Erwartungen. Das wäre Arbeit im System. Diese Führungskraft hat aber erkannt, dass sich die Menschen so verhalten, wie es das System vorgibt. Darum wählte sie die Arbeit am System. Zuerst haben sie neue Kommunikationsgefässe eingeführt, ein weiterer Schritt wird die Stellvertretungsregelung sein. Das ist arbeiten am System. Die Menschen werden sich ganz von alleine danach ausrichten. Wie das die Führungskraft macht? In dem sie den Menschen zutraut, Dringlichkeiten zu erkennen, Transparenz fördert und ihre Worte und Absichten sich auch in ihrem Handeln wiederspiegelt.

Autorin

Luzia Anliker

Luzia Anliker ist Beraterin und Coach. Im Blog berichtet sie aus ihrer langjährigen und vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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Kommentare (5)

  • marc am 27.01.2023
    hoi luzia und beat, habe gestern diesen blog von euch gefunden und subtil eingesetzt um einem neuen kunden dies zu erklären, was ich vorab mündlich getan hatte, merci! lieber gruss marc
    • Beat Kunz am 27.01.2023
      Lieber Marc
      Vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut uns enorm, wenn dir unser Blogbeitrag nützlich war.
      Die Unterscheidung ist in der Tat fundamental und kann so viel bewirken.
      Ich wünsche dir viel Erfolg und Freude bei deinem Tun.
      Herzliche Grüsse
      Beat
    • marc am 27.01.2023
      meinte eigentlich "subito" aber "subtil" passt auch :)
  • Frank am 14.08.2021
    Sie sprechen mir gerade aus dem Herzen! Habe eine Arbeits-Woche erlebt, wo dauernd zwischen "am/im" Sytem hinund her gewechslet wurde. Dies als solches wäre noch handlebar, wenn man sich dies bewusst so vornhemen und jeweils daran orientieren würde.

    Ich arbeite in der IT und wir haben Methodiken, Praktiken, Frameworg, Prozesse usw. usf. Der Mensch geht dabei oft, zu oft, vergessen.

    Ich finde den Blogbeitrag sehr passen und die Beispiele sehr anschaulich! Besten Dank und alles Gute, F. W.
    • Luzia Anliker am 15.08.2021
      Lieber Frank W.. Ganz herzlichen Dank für Ihren Kommentar! Wir teilen die Beobachtung und schätzen die Unterscheidung für die Orientierung ungemein. Erst wenn ich klar bin, ob ich gerade am oder im System arbeiten, kann ich doch die Interventionen oder Schritte planen. Wie will ich sonst Wirkung erzeugen? Ihnen ebenfalls alles Gute und hoffentlich auf bald wo und wann auch immer. Herzlich Luzia Anliker
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