31.01.2017, Interkulturelle Entwicklung

Dienstleistungsorientierung

Wie sich der kulturelle Unterschied bei diesem Begriff zeigt.

Interkulturelle Unterschiede

Trinkgeld ist in Japan verpönt.

In interkulturellen Beratungen zum Umgang mit Unterschiedlichkeit ist häufig von Dienstleistungsorientierung die Rede. Mit Dienstleistungsorientierung ist gemeint, wie schnell und in welcher Qualität etwas erledigt wird oder was alles zu einem Angebot mit bereits verhandeltem Preis dazu gehört. In interkulturellen Situationen erleben wir oft, dass es uns irritiert, wenn eine Dienstleistung nicht gemäss unseren Erwartungen erledigt wird. Zum Beispiel, wenn eine E-Mail nicht innerhalb von 24 Stunden beantwortet wird, wie das bei uns üblich ist, sondern erst nach drei Tagen.

Diskrepanz zu unseren Erwartungen verursacht Missverständnis

Doch was versteckt sich alles hinter dem Begriff «Dienstleistungsorientierung»? Oft ist uns nicht bewusst, dass wir ganz viele Werte, Attribute, Regeln und Normen darin verpacken. Geschweige denn, dass wir diese deklarieren und mit unseren Kunden, Lieferanten oder Mitarbeitenden verhandeln. Weil es für uns so selbstverständlich ist, denken wir gar nicht daran, dass für andere Menschen anderes selbstverständlich sein könnte (siehe auch den Blogbeitrag Selbstverständliche Missverständnisse). Erst im Tun erleben wir die Diskrepanz zu unseren impliziten Erwartungen. Wir reagieren dann mit Pauschalisierungen und Missverständnis, was die Zusammenarbeit nicht fördert (siehe dazu auch den Blogbeitrag Wahrnehmung und das Eisbergmodell).

Hohe Dienstleistungsorientierung in Japan

In diesem Zusammenhang habe ich kürzlich ein interessantes Beispiel gesehen. Der «Kassensturz», eine wöchentliche Sendung des Schweizer Fernsehens SRF zum Thema Konsum, Geld und Arbeit, verglich ähnliche Sendungen aus aller Welt. Und hat dabei festgestellt, dass es in Japan keine Konsumentenschutzsendung gibt. Dies liegt daran, dass die Dienstleistungsorientierung in Japan enorm hoch ist und es darum kaum etwas zu bemängeln gibt.

Drei Beispiele, die die hohe Dienstleistungsorientierung in Japan zeigen:

  • Trinkgeld für den Taxifahrer oder für das Service-Personal im Restaurant ist unbekannt. Es wäre geradezu eine Beleidigung. Weil die Angestellten mit Stolz die Kundinnen und Kunden zu ihrer vollen Zufriedenheit bedienen.
  • Die Taxitüre öffnet sich von selber, um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. Natürlich ist im Fahrpreis das Aufladen aller elektronischen Geräte wie Smartphone oder Tablet inbegriffen.
  • Das Ablaufdatum für die Frischprodukte in den Lebensmittelläden enthält nicht nur eine Tages-, sondern sogar eine Stundenanzeige. Für Japanerinnen und Japaner ist es sehr wichtig, ganz frische Lebensmittel einzukaufen und zu verwenden.

In diesem anschaulichen Filmausschnitt werden die Unterschiede zwischen Japan und der Schweiz gut sichtbar und er zeigt deutlich, wie stark die Kultur die Dienstleistungsorientierung beeinflusst und prägt.

Zum Beitrag von SRF Japan: Die perfekte Servicegesellschaft und ihr Preis (Dauer 7:46 Minuten, ausgestrahlt am 3.1.2017)
Die ganze Sendung vom 3. Januar 2017: Konsumstorys aus aller Welt (Dauer 42:07 Minuten)
Siehe auch unseren Blogbeitrag Der grösste Unterschied ist die Demut hier.

Autorin

Luzia Anliker

Luzia Anliker ist Beraterin und Coach. Im Blog berichtet sie aus ihrer langjährigen und vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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