30.01.2019, Interkulturelle Entwicklung

Ambiguitätstoleranz

Der Umgang mit Mehrdeutigkeit – eine Projektgruppe reflektiert ihre Erfahrungen dazu.

Ambiguitätstoleranz

Ambiguitätstoleranz bezeichnet die Fähigkeit, mit mehrdeutigen Situationen umzugehen.

Eine zentrale Kompetenz im Umgang mit anderen Menschen generell – und speziell im interkulturellen Kontext – ist die Ambiguitätstoleranz. Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, Unterschiedliches aushalten zu können und in komplexen Situationen nicht abzuwerten, sondern offen zu bleiben. Ungeklärtes auch mal stehen zu lassen und Widersprüche zu dulden. Zur Ambiguitätstoleranz gehört es, Mehrdeutigkeiten zu akzeptieren und auf Eindeutigkeiten zu verzichten. Das heisst, man lebt ein «sowohl als auch» statt «entweder oder».

In einem Workshop mit einer Projektgruppe mit interkultureller Durchmischung reflektierten wir den Umgang mit der eigenen Ambiguitätstoleranz. In diesem Blog stellen wir die angewendete Methode vor und was es den Teilnehmenden gebracht hat.

Reflexion anhand von Leitfragen

Nachdem wir in der Gruppe ein gemeinschaftliches Verständnis über die Ambiguitätstoleranz entwickelt haben, ging es zuerst einmal darum, die eigene Erfahrung oder den eigenen Umgang mit Mehrdeutigkeit zu reflektieren. Jede Person hatte 20 Minuten Zeit, die folgenden Fragen für sich zu beantworten:

  • Meine übliche Reaktion (Gedanken, Emotionen) in Situationen, in denen ich nicht genau weiss, wie ich sie interpretieren soll, ist meistens ...
  • Darauf handle ich meistens so ...
  • Dies nimmt mein Gegenüber wahr als ...
  • Was mich an unklaren Situationen verunsichert ist ...
  • Was ich an unklaren Situationen toll finde ist ...
  • Ich könnte offener gegenüber der Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit im Leben werden, wenn ich ...
  • Wie oft suche ich Situationen, in denen ich die Mehrdeutigkeit/Unsicherheit erlebe?
  • Was tue ich bereits, um meine Fähigkeit der Mehrdeutigkeit/Unsicherheit zu verbessern oder zu entwickeln?

Austausch in der Zweiergruppe

Im Anschluss tauschten sich jeweils zwei Personen über ihre Notizen aus und zwar in Form eines Interviews. Durch nachfragen und mit interessiertem Zuhören ging es darum, die Erfahrungen des Gesprächspartners zu erkunden. Da die Antworten oft sehr persönlich sind, hilft ein Rückzugsort oder die Möglichkeit eines Spazierganges.

Auswertung im Plenum

Nach unserer Erfahrung werden die Gespräche als sehr anregend empfunden. In der gemeinsamen Plenumsauswertung legten wir darum zuerst den Fokus auf die Sammlung der Erkenntnisse:

  • Was habe ich über mich gelernt, entdeckt?
  • Was möchte ich weiter vorantreiben?
  • Wer könnte mich dabei unterstützen?

Um die Weiterentwicklung auch innerhalb des Teams anzuregen, geht es in einem letzten Schritt darum, das Verhalten in der Gruppe zu reflektieren:

  • Welche Situationen von Mehrdeutigkeit hatten wir im Team?
  • Wie sind wir damit umgegangen?
  • Was ist uns dabei gut gelungen?
  • In welchen Punkten können wir uns noch entwickeln?

Feedback aus der Gruppe

Die gesamte Übung dauerte 1,5 Stunden und hatte zum Ziel, dass sich die Menschen mit dem Thema Ambiguitätstoleranz auseinander setzen. Folgende Feedbacks haben wir im Anschluss dazu erhalten:

«Mir war nicht bewusst, dass ich eher versuche, Mehrdeutigkeiten zu vermeiden oder solchen Situationen aus dem Weg gehe.»

«Das Feedback meines Gesprächspartners hat mir gezeigt, dass man mir meine Unsicherheit nicht anmerkt. Heute ist mir klar geworden, warum. Bei Mehrdeutigkeiten fasse ich sogar noch stärker nach als sonst und das wirkt nicht unsicher.»

«Es hat mir gut getan zu merken, dass auch andere mit dem Aushalten Mühe haben.»

Wie gehen Sie mit Mehrdeutigkeiten um? Welche Situationen von Mehrdeutigkeit haben Sie schon erlebt? Wie schätzen Sie Ihre Ambiguitätstoleranz ein?

Autorin

Luzia Anliker

Luzia Anliker ist Beraterin und Coach. Im Blog berichtet sie aus ihrer langjährigen und vielfältigen Tätigkeit bei crearium.

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